Am Geographischen Institut Göttingen sind auch in diesem Jahr die Entwicklungen auf dem Göttinger Mietwohnungsmarkt untersucht worden. Hier die Ergebnisse:
Der durchschnittliche Neuvertragsmietpreis im Jahr 2018 (Erhebung Juni und Juli) liegt bei 10,05 €/m² (Nettokaltmiete) – der Angebotsmietpreis ist gegenüber dem Vorjahr um 0,7 % gestiegen. Damit hat sich die Steigerungsrate, wie auch schon im Vorjahr, verlangsamt, die Dynamik hält aber weiter an. Innerhalb von fünf Jahren stiegen die Angebotsmieten um über ein Viertel (25,5 %).
Der Stadtteil mit den höchsten Angebotsmietpreisen bleibt die Nordstadt, in der unter anderem aufgrund der geringen Wohnungsgrößen die durchschnittlichen Mietpreise bei rund 12,50 €/m² liegen. Überdurchschnittliche Mietpreise werden auch in Weende, der Innenstadt und der Oststadt erzielt.
Auffällig ist, dass entgegen der Entwicklung in den Vorjahren die Mietpreise für Ein- und 1,5-Zimmer-Wohnungen stagniert sind. Bei den Zwei- und Mehr-Zimmer-Wohnungen, sind die Preise hingegen wesentlich stärker angestiegen, von rund 9 €/m² in 2017 auf nun 9,36 €/m², also um 3,7 %. Damit erfasst der Preisanstieg nun vermehrt die Wohnungen, die nicht nur für Ein-Personen-Haushalte attraktiv sind, sondern auch für Paare und Familien. Das Problem des mangelnden bezahlbaren Wohnraums dürfte so zukünftig eine noch breitere Bevölkerungsschicht treffen als bisher.
Die höchsten Mietpreissteigerungen im Segment der Zwei- und Mehr-Zimmer-Wohnungen sind in diesem Jahr in der Weststadt (16,8 %) zu verzeichnen, gefolgt von Nikolausberg (ca. 13 %). Außerdem waren noch in der Innenstadt (7,8 %), Grone (5,3 %), der Nordstadt (5,2 %) und Weende (4,8 %) leicht überdurchschnittliche Mietpreissteigerungen nachweisbar. Die höchsten absoluten Mietpreissteigerungen hat in diesem Jahr die Weststadt aufzuweisen. Hier stiegen die durchschnittlichen Mieten für Zwei- und Mehr-Zimmer-Wohnungen von 7,61€/m² auf 8,89 €/m² an und näherten sich damit dem gesamtstädtischen Durchschnitt rasant. Auffällig ist dabei, dass ein Großteil der erfassten Angebote von einem einzigen Anbieter (Vonovia) stammt. Im vergangenen Jahr lag der Durchschnittsmietpreis in den erfassten Weststadt-Beständen von Vonovia bei 7,83 €/m² und damit über dem Durchschnitt für die Weststadt, während die übrigen Anbieter durchschnittlich 7,44 €/m² erzielten. In diesem Jahr liegen die Mietpreise von Vonovia und den übrigen Anbietern jeweils bei 8,89 €/m². Vonovia hat die Mieten im weststädtischen Vergleich in ihren Beständen also sogar unterdurchschnittlich stark angehoben. Aber die Entwicklung zeigt den starken Einfluss, den ein einzelner Großanbieter für die Marktdynamik in einem Stadtteil hat. Es scheint, als hätten die übrigen Anbieter sich an den von Vonovia erzielten Preisen orientiert. Damit ist Vonovia der Trendsetter der Mietpreisentwicklung in der Weststadt.
Die Entwicklung in der Weststadt, aber auch in Nikolausberg und Grone machen einen Trend deutlich, der sich schon in den letzten Jahren abzeichnete und auch dieses Jahr wieder zum Tragen kommt. Die Stadtteile mit vergleichsweise geringen Mietpreisen haben die höchsten Mietpreissteigerungen zu verzeichnen. So ist die Weststadt auch der Stadtteil, der über den gesamten Zeitraum seit 2013 nicht nur den höchsten relativen Mietpreiszuwachs von über 40 %, sondern mit 2,70 € auch absolut die höchsten Mietpreissteigerungen verzeichnete. Darauf folgt Nikolausberg mit 2,13 €/m² auf nunmehr 8,80 €/m² (31,9 %) und Grone mit einem absoluten Preisanstieg seit 2014 (!) von 2,00 €/m² um mehr als 32 %.
Eine Entwicklung, die in den letzten Jahren bereits eingesetzt hat, spitzt sich jetzt noch stärker zu. Das günstige Mietpreissegment ist seit unserer ersten Erhebung im Jahr 2013 dramatisch abgeschmolzen (vgl. Abbildung 3): Unter den Zwei- und Mehrzimmerwohnungen ist der Anteil der Angebote im günstigen Mietpreissegment mit weniger als 7 €/m² von ca. 32 % im Jahr 2013 auf mittlerweile weniger als 9 % drastisch zurückgegangen. Auch das Segment im Bereich von 7 bis 9 €/m², das wohl für Mittelschichtseinkommen als gerade noch erschwinglich gelten kann, ist erheblich geschrumpft. Es sank von knapp 50 % der Angebote auf rund 32 %. Dafür wurde das hochpreisige Mietsegment stark ausgeweitet: Das Segment von 9 bis 11 €/m² ist von knapp 18 % im Jahr 2013 auf mittlerweile über 40 % angewachsen. Und war das Segment von Wohnungen mit über 11 €/m² im Jahr 2013 mit 1,5 % marginal, so macht es heute bereits 17 % der Angebote aus.
Damit wird eine soziale städtische Wohnungs- und Baupolitik immer notwendiger. Sie muss sich dieser Herausforderung stellen und der Schmelze des Niedrigpreissegmentes mit einer konsequenten Politik der Sicherstellung und Schaffung bezahlbaren Wohnraums begegnen. Das in diesem Jahr beschlossene „Kommunale Handlungskonzept zur Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Göttingen“ ist hier höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein. Es beinhaltet zu viele Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen, als dass es eine effektive Lösung darstellen könnte (eine genaue Auseinandersetzung mit dem Konzept finden Sie hier).
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